Meine Meinung „SoKas/Listenhunde…“

Warum gilt mein besonderes Interesse bzw. meine besondere Liebe den SoKas („sogenannten Kampfhunde“), Anlage- bzw. Listenhunde?

Begonnen hatte alles im Jahre 2000, als sich in Hamburg der tragische Beissvorfall mit Todesfolge auf ein Kind mit zwei „sogenannten Kampfhunden eines bereits mehrfach vorbestraften Hundehalters ereignete.

Ich war damals schon seit längerer Zeit regelmäßiger Gassigänger in einem Tierheim in Hürth und betreute (Gassigehen und Beschmusen) u.a. auch einen British Am-Staff namens „Bill“, der mir durch sein nettes Wesen besonders ans Herz gewachsen war, aber von den meisten anderen Gassigängern gemieden wurde. (den Begriff/ die Rassenzugehörigkeit zu den „Kampfhunden“ kannte ich persönlich damals noch nicht..für mich war Bill einfach nur ein „tiefergelegter“ Boxermischling ;-))

Mir war sofort klar, dass dieser Vorfall, alleine durch seine Medienwirksamkeit und den Berichterstattungen in div. regionalen und überregionalen „Massen-blättern“, wo Wahrheit und Dichtung sehr gerne vermischt wird, nicht ohne Folge bleiben wird. Der Kampf um Auflage, hohe Einschaltquoten und Wählerstimmen auf Kosten wehrloser Kreaturen konnte beginnen..

Selbsternannte »Experten« und fundierte Kenner, Wissenschaftler, Politiker aller Parteien und die Massenmedien stritten sich um erforderliche Maßnahmen, damit sich so ein Vorfall nicht wiederholt und führten endlose hitzige Diskussionen. Plötzlich war fast jeder schwarze Hund, jeder größere oder kleinere Vierbeiner (der nicht gerade wie ein „typisch deutscher“ Schäferhund, Pudel, Dackel etc. aussah) eine potentielle Bedrohung für Leib & Leben.
Man konnte sogar den neuen Begriff „kampfhundähnlicher Hund“ in den Zeitungen lesen…ohne Worte!

Dass die eigentliche Ursache am anderen Ende der Hundeleine liegt, sahen und sehen immer noch nur wenige Menschen.

Die Folge waren von staatlicher Seite vorschnelle Gesetze, Rassenlisten und Auflagen an die Halter von Hunden, die zu den oben genannten Kategorien zählen (und die sich zudem noch von Bundesland zu Bundesland unterscheiden).

Doch was bedeutete das Alles für den Hundebesitzer, der »mit so einem Hund« (egal, ob der Tatsache entsprechend oder nicht) herumlief und für die Hunde dieser Rasse?

  •  Die Tierheime füllen sich mit Am-Staffs, Pitbulls, Rottweiler, Bullterier etc., die nur wenig Chancen auf Vermittlung haben, da viele Auflagen zu erfüllen sind und für die man meist höhere Steuern zahlen muß.
  •  Hunde wurden ausgesetzt, verletzt oder gar ermordet aufgefunden
  •  Hundehalter werden beschimpft, verunglimpft oder schief angeschaut!
  •  Vermieter und Hausverwaltungen dulden keine/ kaum Mieter mit »Kampfhunde« bzw. grossen Hunden.
  •  Familien sahen sich gezwungen, sich von ihren (meist nie auffällig gewordenen) Vierbeinern aufgrund der erhöhten Steuern, den dazu gekommenen Auflagen, Repressalien von Aussen und den alltäglichen Anfeindungen auf der Strasse zu trennen.
  •  Besitzt man einen „gefährlichen“ Hund, geht man nur mit ihm Gassi..man wird/wurde sofort in die Kategorie »Kriminell, Assozial oder „Wie kann DER/DIE nur??« gesteckt (siehe auch mein Gedicht „Ich bin kriminell„)

Damals wußte ich, dass mein Herzblut ab sofort besonders den Hunden mit »der falschen Rasse« gehört. Zu meinen persönlichen Glück fand ich (zufällig oder Vorbestimmung?) durch eine Berichterstattung in einer kölner Zeitung den Weg nach Köln-Ostheim zu „TS Pitbull, Stafford & Co Köln e.V.“, einen kleinen und damals noch jungen Tierschutzverein.
Nach dem ersten Besuch stand für mich fest…das ist MEIN neuer Tierschutzverein, hier wird meine Mithilfe gewollt & benötigt, hier ist jedes aktive Mitglied mit so viel Liebe und Hingabe für „unsere“ Kampfschmuser bei der Sache und zeigt fast unendlich viel persönliches, zeitliches und auch finanzielles Engagement.  Hier steht der HUND im Mittelpunkt und nicht irgendein Vorstand, die ganze Machtspielchen und div. anderen Dinge…davon können sich so manche „Tierheime/ Tierschutzvereine“ eine große Scheibe abschneiden!

Ich bin „stolz“ ( ein von mir sehr selten gebrauchtes Wort) ein Teil dieses Tierschutzvereins zu sein, der sich inzwischen auch bundesweit einen guten Ruf & Bekanntheitsgrad für seine Arbeit um diese Hunderassen erworben hat, er gehört fest zu meinen Leben!

Seit meinen Beitritt im April/Mai 2006 habe ich meinen Entschluss noch keinen einzigen Tag bereut. Wenn ich an meinen freien Tagen „mein“ Tierheim morgens betrete, dann strahlt mir aus jedem der ca. 20 Zwinger ein, meist gutgelauntes, Hundegesicht entgegen..es wird freudig gebellt, gewedelt und gesprungen.
Durch die überschaubare Größe des Tierheims kenne ich jeden Hund als eigenständiges Individium mit eigener Vorgeschichte und hat zudem den Vorteil, dass ich außer dem notwendigen Gassigehen auch (fast) jeden Hund im Zwinger besuchen kann, um ihm ein wenig menschliche Zuneigung und Wärme zu geben und so eine angenehme Abwechslung vom Tierheimalltag geben kann…das ist für mich stets der Highlight eines jeden Tierheimtages.
Dennoch habe ich ständig ein schlechtes Gewissen, weil ich pro Tag aus Zeitmangel immer nur eine begrenzte Anzahl „meiner“ Hunde bespaßen kann..verdient hätten es nämlich in meinen Augen alle!

Ich bin jedesmal aufs Neue erstaunt, wie rasch auch Neuzugänge (unabhängig, was diese Hunde in der Vergangenheit schon alles erlebt haben) wieder Vertrauen zu einem Menschen gewinnen und von Woche zu Woche/ Tag zu Tag mehr und mehr auftauen und fröhlicher werden…und dann selbst soviel Liebe zurückgeben können.

Natürlich gibt es auch unter unseren Hunden im TH gewisse Sympathien und Antipathien gegenüber der einen oder anderen Person (inkl. mir) bzw. ganzen Personengruppen, aber seien wir ehrlich, so etwas existiert doch auch unter den Menschen. Sind diese Hunde deshalb „böse“ oder in meinen Augen weniger wert gemocht zu werden? Nein! Für jeden Topf gibt es einen passenden Deckel (und sei es „nur“ als Dauergassigänger/ Dauerbetreuer, falls sich kein neues Zuhause findet)

Wolfgang Pungartnik

Update: 01/2016
Habe zufällig eine wirklich schöne, zutreffende Aussage von Stefan Witlin im I-Net gefunden:
“ Der Mann und sein Hund – Diese Worte sind bei Gott viel mehr als eine abgedroschene Floskel. Die Freundschaft, das Leben mit einem Hund ist eines der ersten wie letzten wirklichen Lebensabenteuer, die ein Mann erleben kann und darf. Es ist ein Geschenk und ein unendlich schönes Gefühl, einen treuen Freund auf vier Pfoten an seiner Seite zu haben. Sogar ich muss Worte dafür suchen und stehe immer wieder vor demselben Problem: Es gibt dafür keine wirklich geeigneten Worte, um auszudrücken, wie sehr ‚Mann‘ dieses Tier an seiner Seite liebt! Und ganz ehrlich sage ich, dass es mir scheißegal ist, wenn ‚Mann‘ aus diesem Grund als Warmduscher bezeichnet wird! Als Weichei bezeichnet zu werden, dauert Sekunden, die Liebe zu einem Hund ein Leben lang!“
© Stefan Wittlin (*1961), Schweizer „Medicus-Canis“, Kynologe-Hundetherapeut, Tierpsychologe, Buchautor und Kolumnist